...aber ein schöner Bauch tut es auch.
Von vorne:
Es ist heiß in Deutschland. Mörderheiß. Für den gestrigen Tag hatte das hessische Dingensministerium eine Hitzewarnung herausgegeben. Alte, Kranke, Kinder und gutaussehende junge Bloggerinnen (Ha!) sollten sich vor körperlichen Anstrengungen im Freien hüten. Vorsichtshalber habe ich (in Rheinland-Pfalz, aber RheinHESSEN lebend) die Warnung auf "im Haushalt, am Rechner, am Bügelbrett, an der Waschmaschine, am Überall" ausgeweitet. Sicher ist sicher. Und wem ist schon damit gedient, wenn ich bebügelt aber leblos hier herumhänge. Ebend.
Ich finde Wüstenvölker toll. Wenn ich dort Mann sein könnte! Die sind ja doof dort, die Männer. ICH würde die Frauen nicht verhüllen, geht´s noch? Bei den Temperaturen würde ich Bikinis vorschreiben. *hechel* Aber gut, ansonsten finde ich diese langen Gewänder, die nicht auf verschwitzter Haut kleben ganz famos. Die Sache mit den Frauen und deren Rechten haben sie dort nicht begriffen, aber mit der richtigen Bekleidung bei hohen Temperaturen kennen sie sich aus. Noch etwas weiter im Osten (das andere Osten. Das rechts. Hast Du´s?) machen sie es richtig. Alle haben wenig an und dazu essen sie noch scharf. Na also. Geht doch. Schwitz einfach raus, was Dich quält. Chili Dir einen sozusagen. P. und ich fahren in drückender Schwüle zum Thailänder nach Mainz. Die machen ihre Currypasten selbst, bereiten jedes Gericht frisch zu, können Mononatriumglutamat nicht buchstabieren und nicht bis E621 zählen. Wenn wir so ein bis zweimal im Jahr beim hiesigen Chinesen essen vor lauter politisch inkorrekter Entengier und höflich um die Zubereitung "ohne Glutamat, bitte" bitten, dann sehe ich sie immer im Geiste vor mir, die Köche an ihren rauchenden Woks, sich kaputtlachend über die Langnasen an Tisch 23 mit der Bestellung für 2 x 53 mit ein bisschen 7... Und sehe dann die Küche in einem Nebel aus Geschmacksverstärkern versinken...mit gehässigem *har har har* werfen sie eine Handvoll extra hinein, und opfern unser Vertrauen auf dem Altar des Herrn Ikeda...
Weil aber immer nach Mainz fahren doof ist und teuer und umständlich und ich diesen ab_so_lut famosen Blaustahl-Wok habe, der auch auf Induktion die Worscht vom Teller zieht, wie der Mainzer sagt, (wir erinnern uns) koche ich auch gerne selbst asiatisch. Jetzt ist ja das, was außerhalb Asiens als asiatisch bekannt ist, nicht unbedingt das, wovon der herkömmliche Asiate in seinem ganzen Leben schon einmal etwas gehört hätte. Von davon träumen ganz zu schweigen. Vom Chop Suey z. B. behaupten einige, es wäre in San Francisco erfunden worden, aber auch das ist ja wieder etwas völlig anderes...Wenn Amerikaner ein asiatisches Gericht erfinden können, dann darf ja wohl auch ein Australier ein asiatisches Kochbuch schreiben! Bill Granger, kochender Autodidakt (sehr sympatisch!), Weltenbummler, über Jahre in Japan-Lebender, Restaurantbesitzer, (auch in London), TV-Koch, bei den Australiern Kultstatus genießend, hat genau das getan. Nach Bills Küche
, das hier bei mir ein Schattendasein führt, weil es etwas zu behäbig und gewöhnlich daherkommt, aber keinesfalls schlecht für den Alltag ist, erschien 2011 im Lieblingsverlag
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Nachdem es jetzt sicher seit fast einem Jahr hier tatenlos herumsteht, hat mich der letzte Besuch beim Thailänder wieder daran erinnert. Seitdem koche ich mich in den letzten zwei Wochen mit wachsender Begeisterung von vorne bis hinten durch dieses Buch. Vor dem Asialaden des Vertrauens (Yuan Fa in Wiesbaden mit Dependance in Mainz) rollen sie mir mittlerweile den roten Teppich aus, automatisch bekomme ich die einzige der deutschen Sprache in Ansätzen mächtige Mitarbeiterin der ganzen Firma an die Seite gestellt und gestern konnte doch tatsächlich P. einfach nur den von mir geschriebenen Einkaufszettel im Eingang abgeben und alles wurde ihm freundlich zusammengetragen. Das nenne ich mal hinaufgewokt!
Gekocht UND fotografiert (Hallo? Hier leben normale Menschen, wir fotografieren nicht ALLES, was wir essen!) habe ich in den letzten Tagen:
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Fleischbällchen mit Tamarinde (im Buch S. 156) |
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Seeteufel aus dem Pergament mit Kartoffelfächer und Limettenbutter (im Buch S. 85) |
und
Gegrillte Schweinerippchen auf Char Sui Art (im Buch S. 145) |
Die Rezepte gibt es hier im Blog nach und nach, mit den Scheinerippchen fange ich an. Und gleich am Anfang geht es auch schon los. Bill Granger spricht von SchweineRIPPCHEN, gibt in der Zutatenliste dann aber SchweineBAUCH an. Jetzt ist das verwendete Teil vom Schwein etwas das Gleiche, sozusagen einmal die Knochen mit ein bisschen was drumherum und das andere mal das Drumherum ohne die Knochen. Richtig ist es sicher nicht, ich vermute einen Übersetzungsfehler, da es sich bei dem Buch um ein Lizenzprodukt handelt. Was Char Sui bedeutet, erklärt das Buch leider nicht, ich hoffe nur, es heißt nicht soviel wie gesottener Hund, dafür war es nämlich wirklich zu köstlich.
Gegrillte Schweinerippchen auf Char Sui Art für 4 - 6 Personen
- 4 Knoblauchzehen, geschält und mit dem stumpfen Messerrücken zerquetscht
- 125 ml Sojasauce
- 100 ml Hoisinsauce (s. "nachgeklöppelt")
- 1 EL Honig
- 1 EL Sesamöl
- 1 TL chinesisches Fünf-Gewürze-Pulver (aus der Mühle)
- 1 EL Sesamöl (helles, das Buch äußert sich da nicht weiter zu)
- 1 kg Schweinebauch ohne Knochen (vom Schwäbisch-Hällischem)
Alle Zutaten verrühren und den Schweinebauch dazugeben. Gut darin schwenken. 10 Minuten lang marinieren lassen (das ist Kappes! Am besten über Nacht. In 10 Minuten passiert da gar nichts. Du kannst ca. 1 cm "Durchdringung" mit Marinade in 12 Stunden rechnen, wenn es schneller gehen soll, die Fleischteile am besten infusionieren. Ich habe knapp 6 Stunden mariniert und mehr wäre noch besser gewesen.)
Den Backofen auf 160°C vorheizen Ein tiefes Backblech mit Alufolie auskleiden (ich habe eine Silikonmatte hineingelegt, überhaupt versuche ich, Alufolie zu vermeiden, wo es nur geht), ein Gitter darauf legen und 1 cm Wasser auf das Blech gießen (also einen Zentimeter hoch! *g) Das Schweinefleisch auf dem Gitter platzieren und 1 Stunde garen, alle 15 Minuten mit der Marinade einpinseln. Die Rippchen nach der Hälfte der Garzeit umdrehen. Vor dem Servieren in Stücke teilen. (Ich habe den Schweinebauch bereits beim Marinieren in Stücke geschnitten, das bietet der Marinade mehr Oberfläche und verkürzt natürlich auch die Garzeit. Alles in allem war das Fleisch bei mir ca. 45 Minuten im Ofen, die letzten 5 habe ich mit 300°C den Grill zugeschaltet.)
Als Beilage gab es Chinakohl mit Ingwer, kurz und knackig durch den Wok geschwenkt.
*Nachgeklöppelt habe ich wie erwähnt die Hoisin-Sauce. Sie war in der rheinhessischen Provinz nicht erhältlich und der rote Teppich vor dem Asiamarkt kann noch so locken, für eine einzige Zutat fahre ich nicht 15 km einfache Strecke. Was also tun? Hoisinsauce besteht traditionell aus Zucker, fermentierten Sojabohnen, Süßkartoffeln, Knoblauch und nochmals Zucker. Viel Zucker. Und E260 (Essigsäure). Hoisinsauce ist schwer, schwarz, klebrig und pikant-süß. Ich habe als Ersatz Pflaumenmus mit dicker dunkler Sojasauce verrührt (während ich für den Rest der Marinade die helle Sojasauce verwendet habe) und war damit sehr zufrieden. Mittlerweile hat zwar für "Notfälle" ein Glas Hoisin-Sauce hier Einzug gehalten, aber wenn sie nicht unbedingt sein muss, würde ich immer wieder auf die beschriebene Variante zurückkommen.
Das Buch EASY ASIA – einfach asiatisch kochen hält, was es verspricht. Es ist ein einfaches Kochen, das dort beschrieben wird, mit wenigen Zutaten zu gutem Ergebnis kommen ist erklärtes Ziel.
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Foto mit freundlicher Genehmigung des Verlages |
Zur Einführung gibt Bill Granger Tips für die Bevorratung von einigen asiatischen Zutaten, wobei ich ihm beim Dashi-Pulver energisch widerspreche. Er schreibt: Mal im Ernst. Das Leben ist zu kurz, um diese Brühe aus Bonito und Kombu von Grund auf selbst zuzubereiten. Also gut, das gilt jedenfalls für mich. Befolgen Sie den Rat japanischer Hobbyköche und erleichtern Sie sich das Leben, indem Sie lösliches Pulver verwenden. Wenn Du Dir dann aber die Inhaltsstoffe auf einer Dashi-Pulver-Packung durchliest, möchtest Du es wahrscheinlich genausowenig verwenden, wie ich. Dashi Zutaten nach Packungsangabe: Glukose, Geschmacksverstärker (E621, E627, E635), Salz, Fischpulver (Bonito) 10 %, Fischextrakt (Bonito) 10 %, 10 % Hefeextrakt. Ein Rezept zur eigenen Zubereitung bekommst Du also demnächst hier von mir.
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Foto mit freundicher Genehmigung des Verlages |
Ansonsten hat mich bisher jedes Rezept aus dem Buch überzeugt. Sie sind frisch und frei von Huldigungen an sogenannte "Vorschriften"; erzählen schon in ihren Beschreibugen von der herrlichen Leichtigkeit des Seins bzw. der asiatisch inspirierten Küche. Bei dem ein oder anderen habe ich Modifizierungen vorgenommen, sei es das Übergrillen der o. g. Rippchen, die keine sind; bei den Hackbällchen würde ich beim nächsten Mal die Hitze reduzieren, Kleinigkeiten. Diese erfährst Du dann demnächst hier im asiatischen Koch-Versuchslabor Deines Vertrauens. :)